AKTUELLES AUS DER LAUFFENER WEINWELT

Junge Winzer aus Lauffen und Mundelsheim

Lauffener Wein

Die nächste Generation im Weinbau: David und Diana Leize, Samuel Fink, Julia Beckbissinger (vl). Im Hintergrund der Weinort Mundelsheim am Neckar. Foto U. Ostarhild
Oktober 5, 2023

Vier Jungwinzer aus Mundelsheim und Lauffen starten durch

Hin und wieder ziehen dunkle Wolken über den Käsberg. Spektakulär ist dann der Anblick der steilen Weinberglandschaft über der Mundelsheimer Neckarschleife. Dunkle Wolken tauchen auch aus betriebswirtschaftlicher Sicht im deutschen Weinbau immer wieder auf. Zuletzt als es darum ging, auf erschwerende Auflagen durch die EU-Gesetzgebung zu reagieren oder mit der ständig weiter aufklaffenden Schere zwischen steigenden Betriebskosten und sinkendem monetärem Ertrag klarzukommen. Der Agraringenieur und Autor Uli Ostarhild hat in Mundelsheim mit jungen Winzerinnen und Winzern über deren Sicht auf die Zukunft im Weinbau gesprochen. Dabei spielen die Weingärtnergenossenschaften offenbar auch weiterhin eine nicht zu unterschätzende Rolle.

Julia Beckbissinger (34 Jahre), David (24) und Ehefrau Diana Leize (27) und Samuel Fink (37) werden in den nächsten Jahren voraussichtlich den elterlichen Weinbaubetrieb übernehmen. Alle drei streben an, mit Weinbauflächen zwischen zehn und rund 20 Hektar, ihren Betrieb im Vollerwerb weiterzuführen. Alle drei Betriebe sind schon lange in der Genossenschaft, der Lauffener Weingärtner e.G.. Die Betriebe weiterzuführen ist der Plan, aber es ist nicht so selbstverständlich, wie man das vermuten könnte. Auch wenn in Weinbauorten wie Mundelsheim oder Lauffen am Neckar viele Betriebe seit mehreren Generationen an den eigenen Nachwuchs übergeben werden, muss man den Realitäten ins Auge sehen: Die Anzahl der Betriebe sowie die bewirtschaftete Rebfläche in Württemberg nehmen drastisch ab.

Die aktuellen Zahlen aus der Weinbaukartei zeigen, so das Fachmagazin „Rebe und Wein“, dass sich in Württemberg in 20 Jahren die Anzahl der Betriebe halbiert hat. 2022 waren noch 7166 Betriebe gemeldet. Dies ist erneut eine Abnahme von 281 Betrieben seit 2021. Im Jahr 2022 bewirtschafteten 30 Weingärtnergenossenschaften eine bestockte Rebfläche von 7709,3 ha. Dies bedeutet einen Anteil von 69,4% der Fläche. Es gab 2022 dazu noch 14 Erzeugergemeinschaften mit 81,7 ha durchschnittlicher Betriebsgröße und 1188 selbstvermarktenden Betriebe inklusive Winzer.

Der Druck erscheint enorm, denn auch die Rebflächen, sofern sie gut befahrbar sind, sind heute einer starken Konkurrenz durch Ackernutzung, Agri-Photovoltaik oder der „grauen Infrastruktur“, also Verkehr, Siedlungsbau oder Industriegebieten ausgesetzt. Oder die Bewirtschaftung ist aufgrund der Gegebenheiten schlicht unwirtschaftlich geworden.

„Nach jedem Gewitter gibt es wieder Sonnenschein“, sagt der 24-Jährige David Leize zu den jüngsten Krisen im Weinbau. „Auch die Eltern und Großeltern hatten immer wieder mit Krisen und wirtschaftlichen Einbrüchen zu kämpfen. Die Genossenschaft bietet uns insgesamt schon ein Stück Stabilität und stärkt uns durch die Gemeinschaft in der Kellerwirtschaft und bei der Vermarktung den Rücken. Damit können neben dem Weinbau noch etwas Ackerbau und Obstbau betreiben“, so Leize.

Mit seiner ansteckenden, optimistischen Grundeinstellung hat David Leize eine klare Sicht auf das, was er und Ehefrau Diana machen wollen, und was nicht. „Wir produzieren auf unserem Hof nur Lebensmittel. Keine Energiepflanzen, Photovoltaik oder sonst was“, so der 24-jährige Weinbaumeister „Auch wenn der Druck groß ist. Wir werden uns anpassen und dann auch neue Ideen für unseren Betrieb entwickeln. Dabei halten uns auch unsere Eltern den Rücken frei“.

Die Leizes sind wie Julia Beckbissinger Mitglieder in der „Vinitiative“, der Jungwinzer-Initiative der Lauffener Weingärtner e.G. „Hier kann man auch mal experimentieren, was neue Produktionsformen im Weinberg oder neue Kreationen angeht“ so Julia Beckbissinger, die mit ihren 34 Jahren zur ersten Generation der Vinitiative gehört, und die 2006 gegründet wurde.

„Ich sehe das als wichtiges Experimentierfeld, das uns die Genossenschaft mit der Vinitiative bietet. Manche Kollegen sagen auch Spielwiese dazu. Es kommen immer wieder besondere Produkte aus dieser Jungwinzerinitiative heraus, wie jüngst bei unserem Rebkind. Dieser Wein, eine Cuvée aus weißen Trendsorten, wurde von der Sortenwahl bis zum Etikett alleine von uns Jungwinzern entwickelt wurde. Solche Freiräume bieten sich im eigenen, kleineren Weingut doch eher selten“, so Beckbissinger, die an der Hochschule Heilbronn in Wein-Betriebswirtschaft absolviert hat und im elterlichen Betrieb in Lauffen arbeitet. „Mein Ehemann Tobias ist auch Weingärtner. Das macht die Sache noch reizvoller.“

Samuel Fink ist Vollblut-Wengerter und am liebsten im Weinberg unterwegs. „Mir liegt die praktische Arbeit draußen mehr als die Büroarbeit. Auch die Kellerwirtschaft brauche ich nicht unbedingt. Das können andere besser. Nach zehn Stunden im Weinberg bin ich froh, wenn ich nicht am Abend noch in den Keller muss, um nach dem Rechten zu sehen“, so der Weinbaumeister aus Mundelheim. „Mir macht es Spaß, draußen zu arbeiten. Manche verstehen das vielleicht nicht, aber mir gibt das einfach ein gutes Gefühl, wenn ich einen Tag in den terrassierten Steillagen arbeite und auch mal eine Trockenmauer so aufsetze, dass ich diese in meinem Leben nicht mehr reparieren muss. Diese Art zu arbeiten hat mir mein Großvater auf den Weg gegeben“, so Samuel Fink.

Fink baut in den steilen, gemauerten Weinbergterrassen auch Rebsorten an, die man bislang nur aus südlichen Ländern kannte. Im Zuge des EU-Projektes „Steile Weine“, das die örtlichen Weingärtnergenossenschaften gemeinsam bearbeiteten, pflanzten die Finks Nero d´Avola und verschiedene Cabernet-Sorten an. Nach den ersten Versuchs-Beerntungen und önologischen Tests stehen in diesem Herbst die ersten kleinen Ernten der neuen, kräftigen und hitzetoleranten Rotweinsorten an.

Die Lauffener Weingärtner sind schon jetzt nicht nur mit Trollinger, Lemberger und Riesling im deutschen Einzelhandel sehr gut platziert, sondern erzielen in den letzten Jahren Spitzenbewertungen bei nationalen und internationalen Wein-Tastings. Seit vielen Jahren wird die Genossenschaft als bester württembergischer Weinerzeuger unter allen deutschen Produzenten geführt und wurde mit einem Syrah aus Mundelsheim Sieger beim anerkannten VINUM Rotweinpreis. Dabei ist man nicht alleine. Auch die befreundeten Genossenschaften in der Region erzielen beachtliche Ergebnisse auf regionaler und nationaler Ebene.

Mundelsheimer Syrah trocken Unicus 2019 - Deutscher Rotweinpreis 2022Solche Entwicklungen geben Optimisten wie David Leize eine gewisse Sicherheit und Zuversicht. Leize hält es mit seiner Einstellung wie die englischen Fußballfans und ihren Stadiongesängen „You never walk alone“: Auch wenn dunkle Wolken am Himmel stehen, gibt es danach Sonnenschein. Und Du bist nicht allein unterwegs.

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